FYI.

This story is over 5 years old.

Video Games Killed the Radio Star

„Rise of the Tomb Raider" hat das Zeug zum Spiel des Jahres – fast

In ihrem neuesten Abenteuer mutiert die junge Archäologin zu einer tödlichen Mischung aus John Rambo, Katniss Everdeen und Sarah Connor.

Alle Screenshots stammen von Xbox Wire

Nach zwei Stunden mit Rise of the Tomb Raider, dem Nachfolger der Neuauflage der Serie aus dem Jahr 2013, von dem in San Francisco basierten Entwickler Crystal Dynamics, denke ich wirklich: Das Spiel hat das Zeug zum Game des Jahres! Alles, was ich sehe, höre und tue, ist unglaublich. Das Spiel hält mich gefesselt wie kein anderer Triple-A-Titel und hält meine Aufmerksamkeit auf dem schmalen Grad zwischen Vorhersehbarkeit und Unspielbarkeit. Ich habe eine Lawine auf einem beeindruckenden, mit Schnee bedeckten Berg überlebt, ein wunderschönes, antikes syrisches Grab erforscht, während im Stadtbild am Horizont Krieg tobte, und habe mich selbst wieder aufgerichtet, nachdem ich niedergeschlagen wurde, wie es nur Lara Croft kann. Bei ihrem vorherigen Ausflug hat sie gelernt, wie man überlebt. Hier fängt sie geschlagen, zerschrammt und blutig an, bevor etwas anderes aus ihr wird: eine Eiskönigin mit harter Schale und höchster Schonungslosigkeit, eine Killerin mit einem Herz aus Eis und einem Hunger auf Zerstörung.

Anzeige

Das ist der Punkt, an dem der magische Bann der Sinne zerstört wird und an dem man erkennt, dass Rise of the Tomb Raider kein außergewöhnlich gutes Spiel ist, das sich auf einem Niveau befindet, welches nur von einem Prozent der Mainstream-Titel je erreicht wird, sondern „nur" ein sehr, sehr gutes Spiel. Den Großteil der Zeit ist es ein ausgezeichnetes Spiel, voll mit spannender Action, die dafür sorgt, dass du mit dem Hintern auf der Sofakante kleben wirst, und mit wunderbar originellen Rätseln, die du knacken kannst, wenn du nicht gerade Laras Blutdurst stillst.

Das soll aber nicht heißen, dass die immer intensiver werdenden Feuergefechte nicht gut inszeniert sind. Sobald Rise seine Unschuld verloren hat, ans Eingemachte geht und der ikonischen, bis an die strahlend weißen Zähnen bewaffneten Heldin Scharen von rückschrittlichen KI-Gegnern entgegenstellt, macht das Spiel riesig Spaß und ist ein explosives Abenteuer, das leicht mit dem Großteil der Hollywood-Blockbuster Schritt halten kann. Aber es verliert etwas von der Persönlichkeit, die in den ersten Stunden erscheint, in denen wir Lara nicht als Botschafterin extremer Gewalt, sondern als psychisch verletzte Tochter erleben, die unter dem Druck und dem Ruf, ihre Familie zu retten, zerbricht.

Man tut, was man kann, um Konflikte zu vermeiden—mehrere Bereiche mit Gegnern lassen sich mit Stealth bewältigen. Aber macht man einen falschen Schritt, eskaliert die Situation schnell. Lara ist nicht gegen Kugeln immun, und du musst dir immer Deckung suchen, wenn die Waffen leer sind. Aber sie ist leichtfüßig, und manchmal ist es der beste Ansatz, auf die Ausweichtaste zu hämmern, während man auf einen Angreifer mit einer Shotgun zu rennt, anstatt aus den Büschen Kopfschüsse abzufeuern. Zumindest auf dem normalen Schwierigkeitsgrad des Spiels ist das der Fall—und der ist nicht besonders hart. Wenn man die Kampagne des Spiels durchspielt, schaltet man den Modus Survivor frei, wo die Gegner etwas anspruchsvoller sind und der Nahkampf eine Fahrkarte zum grauen Todesbildschirm ist (der in der Regel weniger brutal ist als die Szenen von 2013).

Anzeige

'Rise of the Tomb Raider', Release-Trailer

Die Lara in Rise ist die gleiche wie im Jahr 2013, aber meiner Meinung nach wurden ganz kleine Änderungen vorgenommen. Die Stimme stammt in der deutschen Version nicht länger von Nora Tschirner, sondern von Maria Koschny, der deutschen Sprecherin von Jennifer Lawrence, und Laras Erscheinung kombiniert dieses Mal das Aussehen ihrer Motion-Capture-Darstellerin und englischsprachigen Stimme Camilla Luddington mit dem von Gemma Arterton, die seit Langem für die Rolle von Lara im nächsten Tomb-Raider-Film vorgeschlagen wird—wann auch immer der erscheint. Schreiberin Rhianna Pratchett verbindet uns sehr gut mit der Lara unter dem fast immer makellosen Haar (wie macht sie das?) und Köcher mit Pfeilen, während sie die Punkte zwischen ihrer Abenteuerlust und den Einflüssen ihrer Kindheit sowie der Hassliebe mit der Frau verbindet, die nach dem (vermeintlichen) Tod von Laras Mutter einzog. Ich möchte hier nicht auf die Feinheiten des Plots eingehen, aber die böse Stiefmutter Ana spielt hier einen sehr wichtige Rolle in der Geschichte.

Um es so allgemein wie möglich auszudrücken, in der Geschichte sucht Lara nach einem übernatürlichen MacGuffin, der „ewiges" Leben gewährt. Sie entdeckt, dass er irgendwo in Sibirien ist, und schon sind wir auf dem Weg in eine abwechslungsreichere Landschaft, als du vielleicht erwarten würdest, mit einem geothermischen Tal, in dem sich sattgrüne Linien durch die eisigen Extreme ziehen. Lara ist nicht die Einzige, die das glänzende Schmuckstück begehrt, eine jahrhundertealte Organisation namens Trinity ist auch auf der Suche—mit mehr Bomben, Planierraupen und schwer bewaffneten Hubschraubern als Navigationssinn. Diese Antagonisten stellen das primäre Kanonenfutter des Spiels dar, aber gegen Ende der Kampagne muss man sich auch gegen eine andere Macht behaupten. Kann sein, dass die ziemlich alt ist. Es kann auch sein, dass deren Name zwar Unsterblichkeit impliziert, aber es ist erstaunlich, was eine Axt im Kopf mit der Gesundheit einer Person anstellen kann, egal ob sie im 20. Jahrhundert geboren wurde oder aus einer Zeit stammt, in der Konstantinopel das Zentrum der Welt war.

Anzeige

Der Hintergrund zu Laras Quest wird durch einsammelbare Objekte geliefert—Audio-Logs und Tagebücher findet man in der großen Welt des Spiels (das Fast-Travel-System ist für das Einsammeln von Relikten nach dem Spiel ein Muss), und diese füllen die Lücke zwischen „warum sie es tut" und „warum sie es tun sollte". Es gibt auch unzählige Kisten und Geldkassetten sowie Pflanzen und Tiere, von denen man Ressourcen gewinnen kann, die sich zum Upgraden von Waffen und Ausrüstung an den Speicherpunkt-Lagerfeuern verwenden lassen, die im gesamten Spiel verstreut sind. Warum diese Feuer allerdings immer brennen, bevor Lara sie erreicht, ist eine seltsame Eigenart der Spielpräsentation. Ein Gegner oder jemand anderes wäre doch sicher mal hingegangen, um zu sehen, wer da in seinem Gebiet Marshmallows röstet und Hohlspitz-Geschosse aus altem Müll bastelt, und hätte das Feuer sowie jeden, der daneben schläft, ausgetreten.

Die Lagerfeuer sind aber nur kleine Aussetzer, im Vergleich zu einigen anderen Nur-in-diesem-Medium-Vorfällen, wo die Logik versagt, um mit den Möglichkeiten des Gameplays Schritt zu halten. Man bekommt verschlossene Kisten nicht auf, bis man das richtige Werkzeug hat, aber man findet eine Pistole lange vor einem Dietrich, also warum kann Lara nicht einfach die Schlösser aufschießen? Mit Nägeln bestückte Baumstämme an Seilen schwingen sich dir in den Weg und erfordern einen schnellen Schuss auf eine ziegelartige Masse, um die tödliche Falle vor dem Aufspießen abstürzen zu lassen—aber die Seile sind auf sonderbare Weise kugelsicher. Ich fand auch den gelegentlichen grafischen Fehler und sah an einer Stelle, wie Lara durch einen soliden Tank aus Metall direkt in den Abgrund dahinter sprang. Das Springen von einem sicheren Punkt zum nächsten ist nicht immer klar, sei also nicht überrascht, wenn du in den Abschnitten, die einfach erscheinen, da niemand auf dich schießt, ein Leben oder zwei verlierst.

Anzeige

Außerhalb der Kampagne gibt es den Modus Expedition, bei dem du Level kompetitiv erneut spielen kannst mithilfe von Modifikatoren, die sich durch das Aufdecken von Karten freischalten lassen—manche davon kannst du in Mikrotransaktionen kaufen, andere verdienst du im Spiel. Meine Favoriten: Hühnerbomben und Pfeile. In einem ruhigen Moment während der Kampagne entdeckte ich, dass sich das Geflügel im Dorf herumwerfen lässt, aber mir war noch nicht bewusst, dass man sie in Expeditionen im Hot-Shots-Stil als Pfeile verwenden kann. Man kann auch den Kopf von Lara oder ihren Gegnern extrem vergrößern, Nahkampfangriffe völlig abschalten, festlegen, welche Waffen funktionieren und welche nicht, Vorteile aktivieren, mit denen man unversehrt durch einen Level kommt und so weiter. Dieser Modus bietet viel Potenzial, aber ob du dafür zahlen möchtest, liegt an dir. Ich persönlich begnüge mich mit dem, was ich in der Kampagne eingesammelt habe.

Wenn ich mir meine Spielnotizen anschaue, merke ich, dass ich tatsächlich einige Kritikpunkte an Rise of the Tomb Raider gefunden habe: die bizarre Gegenerplatzierung (wenn ich eine Eiswand hochklettern, über einen Abgrund schwingen und auf einem schmalen Vorsprung balancieren musste, um hierherzukommen, wie zum Geier bist du hierhergekommen?) und das ständige Klicken des rechten Sticks, um Survival Instincts zu aktivieren, damit man alle Dinge sieht, die Lara einsammeln und verarbeiten kann—sie leuchten gelb auf, während der Rest des Bildschirms verblasst. Dass die oft kniffligen Gräber „optional" sind, erscheint kontra-intuitiv, wenn man bedenkt, dass dies die Gebiete sind, in denen Lara tatsächlich Gräber ausraubt. Aber es handelt sich zum Großteil um kleine Kritikpunkte, nichts, was wir nicht aktiv von einem Videospiel erwarten würden. Wenn alles in Spielen wie im echten Leben wäre, wären die Spiele wahrscheinlich weniger reizvoll—wir brauchen ein wenig Dissonanz, eine kleine Trennung, um diese Ablenkungen als Unterhaltung einstufen zu können, Erfahrungen jenseits unseres Potenzials. Und Rise of the Tomb Raider ist stets unterhaltsam, selbst wenn es einzigartiges Charisma für Spieleklischees opfert und eine 20-jährige Archäologin in eine tödliche Schimäre aus John Rambo, Katniss Everdeen und Sarah Connor verwandelt.

Das ist der Uncharted-Rivale, den Microsoft gebraucht hat, auch wenn abzuwarten bleibt, wie sich die zeitlich beschränkte Xbox-Exklusivität auf den allgemeinen kommerziellen Erfolg des Spiels auswirken wird. Das Spiel hat zwar gelegentlich Macken, einen Fehltritt oder drei, aber als Gesamtpaket behauptet sich Laras neustes Game gegen die meisten Veröffentlichungen von großen Studios im Jahr 2015—nicht unbedingt GOTY-Material, aber stark empfohlen. Es könnte sich immer noch als das bessere Indiana-Jones-'em-up, neben Nathan Drakes Abschied A Thief's End, im nächsten Jahr erweisen, wenn sich Naughty Dog zu sehr auf sarkastische Sprüche und Cutscenes aus der Dose verlässt, anstatt sich auf die Fortschritte der Franchise zu konzentrieren. Rise … stellt in jedem Fall einen Fortschritt der Tomb-Raider-Serie dar, und Crystal Dynamics sind noch nicht fertig—ich sage nur, schau dir die Credits (mit Soundtrack von Karen O) bis zum Ende an.

Die PC-Version von Rise of the Tomb Raider erscheint am 28. Januar und die PlayStation 4-Version folgt Ende 2016. Diese Review wurde durch die Unterstützung von NVIDIA SHIELD möglich. Die NVIDIA SHIELD Library findest du hier.