Am Arbeitsplatz
Auf der Webseite der Österreichischen Arbeiterkammern steht geschrieben: "Sexuelle Belästigung ist ein Anschlag auf die Menschenwürde. Sie ist häufig ein Ausdruck der Machtverhältnisse und betrifft vorwiegend Frauen. Gesetzliche Sanktionen sind wichtig, aber sie greifen meistens erst, wenn es eigentlich bereits zu spät ist." Das beschreibt die Situation, mit der sich viele Frauen im Berufsalltag konfrontiert sehen, wahrscheinlich ziemlich gut.Der angesprochene "Ausdruck von Machtverhältnissen" kann es für Betroffene umso schwerer machen, den Täter anzusprechen oder sich an Ansprechpartner am Arbeitsplatz zu wenden. Wird man von einem Vorgesetzten belästigt—in welcher Form auch immer—sollte man denjenigen laut Arbeiterkammer höflich konfrontieren oder sich an Vertrauenspersonen im Betrieb wenden. Im besten Fall gibt es im betreffenden Unternehmen dann jemanden, der sich der Sache ernsthaft annimmt und anstößige Bemerkungen nicht als kleine Späßchen abtut, zum Beispiel Betriebsrätinnen oder Frauenbeauftragte. Was man als sexuelle Belästigung empfindet, entscheidet man selbst und nicht der jeweilige Ansprechpartner.* Lass dich nicht von etwaigen Hierarchien zum Schweigen bringen.
* Fass den Mut, dich an Ansprechpartner im Unternehmen zu wenden.
Im Club
Im Club mehr oder weniger besoffen Frauen anzugrapschen gehört für viele Männer zu einer ganz normalen Partynacht. Da ist es vielen auch egal, ob die Frauen das eigentlich wollen oder wie oft sie einem die Hand vom Hintern schlagen—viele bleiben hartnäckig. Wie reagiert man, wenn sowohl man selbst, als auch der, der einen belästigt sowie alle anderen rundherum betrunken sind? Macht man einen betrunkenen Mann, der einen belästigt, durch offensichtliche Abweisung womöglich erst recht aggressiv und setzt sich so einer noch größeren Gefahr aus?Ein Anfang wäre, demjenigen klar zu sagen, dass man nicht von ihm angefasst werden will—wichtig ist hier, laut zu sein. David Urschler, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Regensburg, hat sich intensiv mit dem menschlichen Verhalten in Notsituationen beschäftigt und sagt: "Die Stimme ist das beste Mittel der Selbstverteidigung. Man lenkt Aufmerksamkeit auf sich und bringt den Angreifer in eine Situation, die ihm unangenehm ist." Bleibt er dennoch hartnäckig oder fühlt man sich trotzdem immer noch unwohl, sollte man sich an einen Security wenden und sich ihm anvertrauen—oftmals sind Securitys für genau solche Situationen geschult. Hier geht das Werk in Wien mit positivem Beispiel voran, denn dort wird seit einigen Monaten offensiv gegen sexuelle Belästigung vorgegangen und Besucher wurden aufgefordert, sich aktiv an die Securitys zu wenden, wenn sie belästigt werden oder etwas beobachten. Außerdem werden dort Info-Zettel an die Besucher verteilt.* Sag ihm entschlossen, dass er dich in Ruhe lassen soll.
* Nutze deine Stimme.
* Suche Anschluss bei deinen Freunden.
* Wende dich an die Security oder das Personal.
Allein unterwegs
Wird man zum Beispiel belästigt, wenn man sich allein und vielleicht auch noch spätnachts auf dem Heimweg von einer Party befindet, sieht das Ganze wahrscheinlich schon ein bisschen anders aus und man muss als Frau noch viel mehr darauf achten, wie man auf unerwünschte Annäherungen von Männern reagiert. Oft ist niemand in der Nähe, der einem helfen könnte.Michaele Rossmann, Pressesprecherin der Wiener Polizei, rät Frauen, auf ihr Bauchgefühl zu hören: "Ein 'ungutes' Gefühl ist ein gesundes Warnzeichen und soll unbedingt beachtet werden. Beispielsweise im Hinblick auf gewisse öffentliche Orte wie etwa schlecht beleuchtete Gassen oder Parks. Je früher Betroffene reagieren und Distanz wahren können, desto eher bleiben sie handlungsfähig. Vermitteln Sie in einer konkreten Situation dem Gegenüber, dass Sie kein Opfer sind. Setzen Sie dazu eindeutige Mimik, Gestik, selbstsicheres Auftreten." Außerdem sei es wichtig, ein klares "Nein" auszusprechen und gegebenenfalls Personen in der Nähe anzusprechen, die einen unterstützen können. Es sei auch wichtig, auf einen Überraschungseffekt zu setzen und so den Täter durch unerwartete Antworten und Reaktionen zu irritieren. Dazu müsste man in unangenehmen oder brenzlichen Situationen jedoch ziemlich schlagfertig sein.* Hör auf dein Bauchgefühl.
* Sei selbstbewusst.
* Wenn dich so sicherer fühlst, lerne, dich zu verteidigen.
* Geh Gefahrensituationen in deinem Kopf durch und setze auf den Überraschungseffekt.
* Wende dich an die Polizei.
* Lerne, zu lügen.
* Sag niemals "Bitte".
* Sieze den Angreifer, um Distanz herzustellen.
Im eigenen Umfeld
Sexuelle Belästigung geht nicht immer von Fremden aus. Genauso passiert es, dass Bekannte, Freunde oder Familienmitglieder das Vertrauen einer Person ausnutzen und sie in Bedrängnis bringen. Eben dieses eigentlich vorhandene Vertrauensverhältnis zwischen Opfer und Täter kann dazu führen, dass es für Opfer noch schwieriger wird, sich an Außenstehende zu wenden und sich Hilfe zu suchen. Die eingangs bereits erwähnte Studie zu "Gewalt in der Familie und im nahen sozialen Umfeld" vom Österreichischen Institut für Familienforschung hat ergeben, dass 10 Prozent der Österreicherinnen, die sexuelle Gewalt erleben, diese in der eigenen Beziehung und ebenso 10 Prozent diese im Bekannten- oder Freundeskreis erleben.* Bleib mit deinen Problemen nicht allein.
* Werde dir über deinen eigenen Stellenwert bewusst.
Als Beobachter
Als Beobachter von potenziell gefährlichen Situationen ist man oft zwiegespalten. Will ich mich selbst schützen und lieber nicht dazwischen gehen, wenn eine Frau belästigt wird, da der Täter sonst mich verletzen könnte? Oder glaube ich daran, dass es so etwas wie Zivilcourage noch gibt und versuche entweder, die Situation selbst aufzulösen oder wähle den Notruf—was mich selbst schützt und auch dem Opfer hilft? Die bequeme Variante wäre es, einfach wegzuschauen. Die bessere ist es aber, zu helfen.David Urschler hat sich im Rahmen seiner Tätigkeit intensiv mit Zivilcourage und dem sogenannten Bystander-Effekt beschäftigt. Auf die Frage, wie man als Beobachter sexueller Belästigung reagieren solle, sagt er: "Das Wichtigste ist immer, sich nur auf das Opfer zu konzentrieren und nicht auf den Täter. Wenn ich zum Beispiel den Täter wegstoße, kann der sich schnell selbst als Opfer fühlen. Das kann zu einer Eskalation beitragen. Stattdessen sollte man eben auf das Opfer eingehen, es ansprechen und so schnell wie möglich aus der Situation rausholen."Man könne sich auch vorher schon mit anderen Leuten absprechen, falls welche in der Nähe sind und die Situation dann gemeinsam lösen. "Wenn der Angreifer zum Beispiel physisch offensichtlich stärker ist als man selbst, sollte man eine Überzahl herstellen, sich mit anderen zusammen tun und den Notruf lösen." Wenn man andere Menschen anspricht, solle man dies jedoch konkret tun, so Urschler weiter: "Man muss in solchen Situationen die Leute konkret ansprechen, weil sich sonst niemand zuständig fühlt. Man muss zum Beispiel sagen: 'Sie mit dem roten Schal und der blauen Tasche, ich brauche Ihre Hilfe.'"Es gebe aber natürlich keine ultimative Lösung für solche Situationen und den Leuten müsse auch klar werden, dass das Eingreifen in einer Notsituation nichts mit Heldentum zu tun habe. Je gefährlicher eine Situation bereits ist, umso eher schreiten Beobachter ein, erzählt der Zivilcourage-Forscher: "Wir wissen das aus der Forschung. Wenn es sich bei einer Situation um einen offensichtlichen Notfall handelt, greift man eher ein, als wenn die Situation noch vergleichsweise harmlos wirkt. Menschen machen in ihrem Kopf da eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Generell gilt: Man sollte lieber einmal zu oft nachfragen, als dann zu erfahren, dass da noch etwas Schlimmeres passiert ist."* Konzentriere dich auf das Opfer, nicht auf den Täter.
* Tu dich mit anderen Menschen zusammen und sprich sie direkt an.
* Wähle den Notruf.