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In den USA kannst du Abtreibungen online durchführen

Immer mehr Leute suchen ärztlichen Rat im Internet. Das spart lange Wartezeiten, Stress und Geld. Vor allem als Kassenpatient ist es eine gute Alternative zu unfreundlichen Sprechstundenhilfen. In den USA kann man sogar eine Abtreibung online...

Eine junge Frau vor ihrem Laptop. Bild von Alessandro Valli.

Der Bereich der Telemedizin—d.h. der Arzt-„Besuch“ per Internet wie Netdoktor—ist eine spannende Entwicklung, die das Leben vieler Menschen ändern könnte, die in abgelegenen Gebieten leben oder über keine zuverlässigen Transportmöglichkeiten verfügen. Das Internet demokratisiert eine bezahlbare Gesundheitsversorgung. Du musst keine weiten Wege mehr auf dich nehmen, um den gewünschten Arzt zu sehen; du musst keine Sprechstundenzeit in Anspruch nehmen, wenn du ihm einfach eine Frage auf Skype stellen kannst. Immer mehr Patienten suchen den ärztlichen Rat im Internet.

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Wahrscheinlich wird die Telemedizin die präventive Gesundheitsversorgung ausweiten und die Effizienz von Ärzten verbessern, weil im Vorhinein festgestellt werden kann, ob ein Patient einen „richtigen“ Termin benötigt oder ob eine Ferndiagnose ausreicht.

Die Telemedizin hat aber auch Auswirkungen auf Frauen, die eine Abtreibung planen.

In den USA (in dem Staat Iowa) haben sich Frauen bereits übers internet einer Abtreibung unterzogen. 2008 wurde diese Art der Abtreibung in Iowa legalisiert. Seit einem Entschluss des Iowa Board of Medicine letzte Woche wurde diese Art der Abtreibung aber wieder verboten, nachdem dies schon in einigen anderen Staaten geschehen war.

Die Frau musste zunächst einen Ultraschall von einem Arzt in ihrer Nähe machen lassen. Dann muss sie ein paar Formulare und Informationsblätter über die medikamentöse Abtreibung unterschreiben, bevor sie mit einem Arzt per Web-Konferenz sprechen kann, der ihr weitere Fragen beantwortet, ihre Krankengeschichte überprüft und entscheidet, ob die medikamentöse Abtreibungsmethode für sie geeignet ist. Wenn alles soweit geklärt ist, gibt der Arzt einen Code ein, der eine Schublade in der örtlichen Klinik öffnet, in der sich Mifepriston und Misoprostol befinden, welches die Frau dann dort abholen kann—das sind Medikamente, die auch als „Abtreibungspille“ bezeichnetet werden und einen Schwangerschaftsabbruch bewirken.

Die Frau geht dann nach Hause, wo sie im Wesentlichen eine induzierte Fehlgeburt erlebt. Weil die Komplikationsrate bei der „Abtreibungspille“ niedrig ist, argumentieren Verteidiger von telemedizinischen Abtreibungen, dass die Verschreibung genauso sicher ist wie die, bei der die Frau zuvor persönlich in einer Klinik untersucht wird.

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In Iowa sank die Anzahl der Abtreibungen sogar seit 2007 um 30 Prozent—genauer gesagt von 6.649 in jenem Jahr auf 4.648 im Jahr 2012. Dieser Rückgang kann auf die Zunahme präventiver Maßnahmen inklusive der Langzeitverhütungen zurückgeführt werden.

Frauen nehmen heute eher medikamentöse als operative Schwangerschaftsabbrüche vor. Zudem finden diese zu einem früheren Zeitpunkt statt—eine positive Veränderung, da Abtreibungen mit dem Fortschreiten der Schwangerschaft riskanter werden.

Telemedizin ist eine neue Technologie und Methode Menschen zu behandeln—ich wage zu behaupten, dass besonders viele Menschen so eine Art der telemedizinischen Beratung in Anspruch genommen haben. Obwohl die Praxis für viele Patienten einen breiteren Zugang und bessere Betreuung bietet, handelt es sich um ein Konzept, das noch nicht jeder richtig begriffen hat.

(Es war übrigens ein riesiges Unternehmen, die „Pille danach“ in den USA—heißt hier „Plan B One Step“ und wird auch fälschlich als „Abtreibungspille“ bezeichnet—rezeptfrei in der Apotheke zu verkaufen.)

Es ist dieses diffuse Gefühl, dass Technologie generell—und insbesondere Technologie, die eine so umstrittene Praxis wie Abtreibung betrifft—eine Gefahr darstellt. Der schleichende Verdacht, dass wir, wenn wir in den digitalen Raum eintreten—sei es um die Liebe zu finden, um zu telekommunizieren oder um einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen—etwas Menschliches verlieren.

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Meistens fühlen wir uns dann am wohlsten, wenn wir von anderen Menschen umgeben sind. Obwohl die Patientin bei der Untersuchung vor einer Abtreibung nicht einmal vom Arzt berührt werden muss, haben wir irrationalerweise das Gefühl, dass die beiden zusammensitzen müssten, dass die physische Nähe von Menschen die Sache irgendwie rechtmäßiger mache.

Entgegen Beteuerungen, dass es um Aspekte der Sicherheit gehe, deutet die Forschung darauf hin, dass telemedizinische Abtreibungen nicht gefährlicher sind als ihre Alternativen. In einer Studie wurden 450 Frauen in Iowa dabei beobachtet, wie sie einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch durchführten. Hinsichtlich des Ergebnisses wurden keine Unterschiede festgestellt zwischen denjenigen, die in eine Klinik gingen, und denen, die an einer Videokonferenz teilnahmen. Ich denke, die Frage der Technologie hat nichts mit den Komplikationsraten zu tun.

Zum Teil ist die Gegenbewegung wohl auf den alten Impuls zurückzuführen, Frauen und ihre Reproduktion kontrollieren zu wollen. Aber ich glaube, dass es sich darüber hinaus um eine Überempfindlichkeit handelt, dass so große Teile unseres Leben, sowie Dinge, die einst so persönlich schienen, nun über das Internet abgewickelt werden.

Man könnte ja meinen, dass telemedizinische Abtreibungen Frauen die ganze Sache zu leicht machen würden und dass Frauen mehr dafür bezahlen sollten, wenn sie eine Schwangerschaft beenden wollen. Die Zahlen zeigen jedoch, dass der leichtere Zugang Frauen keineswegs dazu ermutigt, mehr Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Er macht es allerdings verhältnismäßig einfacher, sie zu bekommen. Für eine Frau, die auf dem Land wohnt, spart die telemedizinische Abtreibung Zeit, Geld und Stress. Dies sollte als positiver, nicht als negativer Aspekt betrachtet werden. Mit der Zeit wird dies meiner Meinung nach auch geschehen.

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