Ein Tag im Leben eines Transgender-Models
Alle Fotos: Ingetje Tadros

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Ein Tag im Leben eines Transgender-Models

Ingetje Tadros begleitet die Motive ihrer intimen Fotos Tag und Nacht – und ist der 29-jährigen Fiona sogar bis unter die Dusche gefolgt.

Die australische Fotografin Ingetje Tadros wurde schon mehrfach für ihre Arbeit ausgezeichnet. Einer der Gründe dafür ist es, dass sie ihre Motive nicht einfach nur in einer bestimmten Situation abbildet – sie folgt ihnen wie ein Schatten und verbringt jede Minute der gemeinsamen Zeit mit ihnen. Dadurch schafft sie es, ganz alltägliche Momente einzufangen und ihre Motive als die Menschen zu zeigen, die sie sind.

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Vor einigen Jahren hat Tadros eine Woche lang Fiona Solis begleitet – ein erfolgreiches Transgender-Model, das auch als Youtuberin und Unternehmerin tätig ist. Tadros besuchte die 29-Jährige in ihrer Wohnung in Bangkok, um mehr über die gebürtige Philippinin zu erfahren. Das Ergebnis ist ein intimes Porträt über Fionas Alltag und die Frau hinter der glamourösen Fassade. Wir haben mit der Fotografin über eine Kooperation gesprochen, die unter die Haut ging.

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Fiona beim Shoppen. Alle Fotos: Ingetje Tadros

Broadly: Wie hast du Fiona kennengelernt?
Ingetje Tadros: Ich war in Bangkok, als ich eines Tages diese glamouröse Person an mir vorbeilaufen sah. Ich liebe Menschen und ich liebe Menschen, die aus der Masse hervorstechen. Also habe ich sie angesprochen und wir haben uns vom ersten Moment an ziemlich gut verstanden. Sie hat mir gesagt, dass sie jetzt duschen geht und ich antwortete: "Kann ich mitkommen und Fotos von dir machen?"

Und das war's?
Ja. Wir blieben danach in Kontakt und als sie wieder nach Bangkok kam, habe ich sie gefragt, ob ich sie eine Woche lang begleiten dürfte, um noch mehr Fotos von ihr zu machen. Ich finde es schön, der Schatten von Menschen zu sein. Der ganze Prozess ist sehr intim, aber auch sehr einfach.

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Ich habe bei Fiona übernachtet. Sie lebte in einer kleinen Wohnung mit nur einem Doppelbett. Man konnte kaum um das Bett herumlaufen. Das Zimmer war wirklich winzig. Ich habe bei ihr übernachtet, mir sieben Nächte lang ein Bett mit ihr geteilt und in dieser Zeit meine Fotos gemacht.

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Immersiver geht es kaum …
Das stimmt. Wir waren jede Nacht feiern und haben jeden Tag bis zwei oder drei Uhr Nachmittags geschlafen. Dann haben wir uns angezogen und sind wieder rausgegangen. Sie hat mir eine ihrer Perücken aufgesetzt und mich geschminkt. Ich war damals 54 und sie 26, aber es war ziemlich entspannt. Wir hatten jede Menge Spaß.

Wie machst du deine Fotos?
Das kommt ganz von selbst. Ich habe Fiona erklärt, dass ich 24/7 mit meinen Motiven zusammen bin. Doch es gibt natürlich auch Grenzen: Wenn es ihnen doch mal zu viel wird, dann kann ich auch kurz verschwinden und später wiederkommen. Im Grunde möchte ich alles fotografieren – ob sie nun wütend, traurig oder nackt sind, ob sie gerade essen oder reden. Ich möchte nicht, dass sie posieren. Ich möchte einfach nur Zeit mit ihnen verbringen und Fotos von ihnen machen, wie von einem guten Freund. Ganz ohne Druck.

Was hast du über Fionas Community gelernt, als du sie begleitet hast?
Viele ihrer Freundinnen sind andere transsexuelle Frauen von den Philippinen. Sie kommen nach Bangkok, um sich operieren zu lassen, weil es dort am billigsten und am besten gemacht wird. Wir waren eine Gruppe aus sieben Leuten, sind jeden Abend ausgegangen und haben auch sonst viel Zeit miteinander verbracht. Es geht um Respekt, aber auch darum, gemeinsam Spaß zu haben. Einige Frauen hatten gerade ihre Brust-OP hinter sich, also haben wir uns viel über die Schmerzen nach der Operation unterhalten.

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Du hast deine Fotos als "konfrontierend und provokativ" beschrieben. Wie machst du die Öffentlichkeit auf deine Fotos aufmerksam?
Manche Menschen möchten die Realität nicht sehen. [Meine Fotos] sind nicht gestellt oder zeigen eine fiktive Situation. Sie zeigen das wahre Leben. Das ist Fiona und sie wollte, dass ich ihre Geschichte erzähle. Ich wollte ihre Geschichte erzählen, weil die anderen sie nicht erzählen. Wem das nicht gefällt, der kann seinen Laptop ja einfach zuklappen.

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Welche Reaktion würdest du dir von den Menschen wünschen, die sich deine Fotos ansehen?
Ich würde mir wünschen, dass sie sich selbst fragen: "Was gefällt mir an den Fotos? Was gefällt mir nicht? Finde ich sie zu konfrontierend? Und warum finde ich sie zu konfrontierend? Liegt es daran, dass sie die Realität zeigen?" Versuche, dich selbst in die Haut des Motivs zu versetzen. Ich mag die Realität. Ich mag sie sogar sehr.

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