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Drogen

„My First Grow”: Das erste Cannabis-Komplettset für Kinder

„My First Grow" verkauft kindgerechte Komplettsets für den Hanfanbau—inklusive Maskottchen und bunten Stickern. Wir haben Firmengründer Greg Lonsdale gefragt, warum er möchte, dass sein 4-jähriger Neffe lernt, wie man Gras anbaut.
Illustration by Raphael Achache

Die Cannabisindustrie und -kultur haben es wirklich weit gebracht, seit den Tagen, als man seinen Dealer noch nachts auf einem Supermarktparkplatz getroffen hat, nur um ein bisschen was zu kaufen. Warum also sollte Kindern dieser Spaß vorenthalten werden? (Eine rhetorische Frage. Drogen sind nach aktuellem deutschen Gesetz nicht nur illegal, sondern im Zweifelsfall auch nicht ganz ungefährlich—insbesondere für Kinder.)

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Das dachte sich auch My First Grow, ein britisches Unternemen mit Sitz in Nottingham, das sich—um ganz deutlich zu sein—nicht dafür stark macht, seiner 11-jährigen Cousine eine Tüte zu bauen. Vielmehr soll Kindern gezeigt werden, dass Cannabis auch nur ein ganz gewöhnliches, grünes Pflänzchen aus der Gartenfraktion ist. Cannabis sativa ist die Sorte Hanf, mit der sich dein dealender Nachbar noch besser auskennt. Er wird meist wegen seines bewusstseinsverändernden THC-Gehalts angepflanzt. Das kindgerechte Komplettpaket für den Hanfanbau enthält Samen einer Hanfart aus derselben Gattung, aus der auch dein herkömmliches Kush stammt; der THC-Gehalt liegt jedoch bei unter einem Prozent.

In Ländern wie Deutschland, wo Gras immer noch illegal ist, ist allerdings auch der Cannabisanbau verboten—es sei denn, man hat eine staatliche Erlaubnis. Für viele Gras-Enthusiasten ein Ärgernis. „Wir glauben, dass Cannabis legalisiert werden sollte und dass sowohl Kinder als auch Erwachsene anfangen sollten, sich mit seinen vielfältigen Verwendungszwecken und seinem positiven Nutzen zu beschäftigen." heißt es deswegen auch von My First Grow. Wir haben mit Unternehmensgründer Greg Lonsdale gesprochen und ihn gefragt, warum er das weltweit erste kinderfreundliche Komplettset für den Hanfanbau entwickelt hat.

Broadly: Wie kann man sich die Abläufe bei My First Grow aus und wie bist du auf die Idee für das Komplettset gekommen?
Greg Lonsdale: Ein normaler Tag sieht bei mir so aus, dass ich mich zunächst um die Grow-Kits kümmere und um den Versand, danach recherchiere ich Informationen rund um die Pflanze und teile sie. Zudem suche ich immer nach Projekten von Gleichgesinnten, mit denen ich zusammenarbeiten kann, um wirklich etwas zu verändern. Die Idee kam mir, als ich meinen 4-jährigen Neffen dabei beobachtet habe, wie er mit seinem Tomatenanbau-Kit gespielt hat und ich aus Spaß zu meiner Schwester sagte, sie müsste ihm eins mit Cannabis/Hanf kaufen, damit er lernt, dass Hanf nicht nur eine gefährliche Droge, sondern auch eine vielseitig verwendbare Pflanze ist. Sie fand die Idee super, also habe ich es gemacht.

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Foto: My First Grow, Logo: Nina Smith

Wie viele verschiedene Anbau-Kits hast du bisher rausgebracht?
Das Cannabisanbau-Kit ist das einzige, das ich bisher anbiete und dabei bleibt es wahrscheinlich auch erstmal. Es wurde über 10.000 Mal geteilt und ich habe Kits in die ganze Welt verschickt (New York, Sydney, Kalifornien, Israel—sogar Brasilien). Ich habe bereits mit der Idee gespielt, ein My First Poppy-Anbauset für Mohnblumen anzubieten. Meine Großmutter hatte die Idee dafür. Sie baut Klatschmohn (Papaver rhoeas) an, der geringe Spuren von Opium enthält. Das ist ähnlich wie beim Hanf, der geringe Spuren von THC enthält.

Wie ist das Feedback von den Leuten? Hast du irgendwelche Rückmeldungen von Kindern bekommen?
Meine 80-jährige Großmutter hat eins in ihrem Wintergarten und findet es großartig. Ich habe ihr gesagt, dass sie eine Lizenz braucht, um Hanf anzupflanzen und sie meinte nur: „Sei nicht albern. Ich brauche ja auch keine Lizenz, um Mohn anzupflanzen." Damit hatte sie irgendwie Recht! Das Feedback war ziemlich spannend: Es hat gezeigt, was für eine kognitive Dissonanz in unserer Gesellschaft in Bezug auf Cannabis vorherrscht. Die Leute reden über die Pflanze immer noch in derselben überholten Art und Weise wie die Leute, die die Pflanze früher jahrzehntelang verfolgt haben. Das größte Lob habe ich von Erin [der Mutter von Brave Mykayla, die sich für eine Cannabis-Therapie für ihre leukämiekranke Tochter einsetzt] auf Facebook bekommen, als sie ihrer Tochter eins gekauft hat. Zu erfahren, dass jemand, der seinem Kind Cannabis als Medizin gibt, My First Grow unterstützt, war wirklich toll.

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Zudem habe ich euphorische E-Mails von Leuten bekommen, die glauben, dass die Regierung versucht, die Bewegung zur Legalisierung von Cannabis mithilfe psychologischer Kriegsführung zum Scheitern zu bringen.

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Du beschreibst die Kits als „idealen ersten Schritt auf der Reise zur Entdeckung von Cannabis." Wie sollte der Rest der Reise im Idealfall aussehen?
Die Leute sollten mehr Fragen zu Cannabis stellen und offen sein für die Vorstellung, dass diese Pflanze eine der größten ungenutzten Ressourcen unseres Planeten sein könnte.

Du hättest das Anbau-Set auch für Erwachsene machen können. Was erhoffst du dir davon, dass du My First Grow für Kinder entwickelt hast?
In Großbritannien hat der Großteil der Leute Angst davor. dass ihre Kinder mit Cannabis in Kontakt kommen könnten, wohingegen Familien in den USA sogar extra in andere Staaten ziehen, um Zugang zu medizinischem Cannabis zu erhalten. In der ersten Folge der neuen Viceland-Dokumentation Weediquette besucht Krishna Andavolu Brave Mykayla und ihre Familie und man sieht, wie sie die medizinischen Hanfpflanzen pflegt, die sie in ihrer Garage züchtet. Die Kinder kennen die gesundheitlichen Vorteile der Pflanze und haben Respekt davor. Viele Leute sehen das sicher und sind schockiert oder wütend, aber sie zögern gleichzeitig nicht, ihren Kindern Paracetamol oder Zucker zu geben.

Die Hanfsamen. Foto: My First Grow

Hast du selbst auch Kinder? Und wenn du Kinder hast, würdest du sie ihre eigenen Pflanzen anbauen lassen?
Nein, ich habe keine Kinder. Mein 4-jähriger Neffe hatte letzten Sommer eine „Leafy"-Pflanze. Sie stand neben seinem Tomaten- und seinem Paprika-Kit. Meine Familie bringt ihm bei, dass es wichtig ist, sein eigenes Essen anbauen zu können und es macht ihm ziemlich viel Spaß—vom Aussähen über die Pflege bis hin zum Ernten. Einmal saßen wir im Garten und haben Tomaten direkt von seinem Strauch gegessen und dasselbe haben wir auch mit seinen Paprika gemacht, die wir in den Salat geschnitten haben.

Er bekommt fast jeden Tag Hanfsamen in seinen Smoothie und in sein Müsli. Deswegen war es ziemlich einfach, ihm zu erklären, das die kleinen Samen von seiner Leafy-Pflanze kommen. Etwas schwieriger war es, ihm zu erklären, dass das T-Shirt, das Onkel Greg anhatte, auch aus der Pflanze gemacht wurde—aber irgendwie haben wir es dann doch geschafft. Das heißt, mit vier Jahren weiß er schon, dass sein Essen von der Cannabis-/Hanfpflanze kommt, genau wie Onkel Gregs T-Shirts. Er würde nicht auf die Idee kommen, die Blätter klein zu schneiden, sie zu trocknen, sich aus den Seiten seines Malbuchs einen Joint zu drehen und sich hinter seinem Spielhaus einen anzuzünden. Das würde er ja auch nicht mit seiner Paprikapflanze machen.

Ich habe gesehen, dass im Kleingedruckten des Merkblattes des Grow Kits steht, dass es in Großbritannien und anderen Ländern verboten ist, die Samen keimen zu lassen. Erwartest du, dass die Leute die Samen nicht anpflanzen?
Ich habe die Hoffnung, dass jeder, der sich My First Grow kauft, das Kit als Ausgangspunkt nimmt, um sich weiter über Cannabis und Hanf zu informieren. Die Entscheidung, ob er die Samen nun keimen lässt oder nicht, ist jedem Käufer selbst überlassen. Im Grunde genommen ist das Keimen so etwas wie ein politischer Protest.