Leute erzählen von ihren unangenehmsten Promi-Schwärmereien
Collage: Lisa Ziegler

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Kultur

Leute erzählen von ihren unangenehmsten Promi-Schwärmereien

Beim Anblick von Frauke Petry wird euch warm und wenn Jamie Oliver Teig knetet, laufen euch Schauer der Lust über den Rücken? Ihr seid nicht allein.

Was sich liebt, das neckt sich. Auch wenn jeder jenseits des Grundschulalters irgendwann verstanden hat, dass an dieser Binsenweisheit wenig bis absolut gar nichts dran ist: manchmal kommt es dann doch noch über einen. Dieses Kribbeln, wenn man jemanden eigentlich wirklich, wirklich schlimm findet, ihn gleichzeitig aber nicht von der Bettkante stoßen würde. Da trifft der Reiz des Verbotenen auf eine Art Versöhnungssex-Dynamik, nur eben ohne Versöhnung, weil man sich nie verstanden hat. Sei es nun der nervige Kollege, die beste Freundin der eigenen Schwester oder dieser schreckliche Schauspieler aus der Schnulzenserie, die ihr nur heimlich guckt.

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Vielleicht kann der Grund für sexuelle Fantasien, für die man sich eigentlich schämt, auch damit zu tun haben, dass jeder von uns gewissen Knöpfe im Inneren hat. Manchmal werden die eben auch von Menschen gedrückt, die man eigentlich gar nicht gut finden möchte – egal ob liberaler Tierpfleger, psychotischer Lobbyist oder jemand von GZSZ. Das Gute ist, dass ihr damit bei Weitem nicht alleine seid. Ich habe junge Menschen gefragt, welche Personen des öffentlichen Lebens sie heimlich sexuell finden und dabei festgestellt: Populisten scheinen ihre ganz eigene Art von Sex-Appeal zu haben.

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Frauke Petry

Ihr könnt über Frauke Petry sagen, was ihr wollt, aber mein Gott, hat die Frau eine tolle Knochenstruktur! Das Gesicht wie gemeißelt; und auch das Hautbild allererste Sahne. Feinporig und glatt wie bester Alabaster. Außerdem stand ich schon immer auf Frauen mit Kurzhaarfrisur. War ja bislang auch völlig OK, bis eben Frauke kam.

Ich würde mir auch gerne einreden, dass der Reiz, den die AfD-Kühlerfigur mit ihren symmetrisch optimal verteilten Gesichtsbauteilen auf mich ausübt, rein oberflächlicher Natur ist, doch leider ahne ich: Da ist noch mehr. Nicht nur, dass Macht bekanntlich sexy macht, auch ihre politische Gesinnung übt einen verbotenen Reiz aus, ähnlich der Herdplatte, die wir als Kinder nie anfassen durften. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass es Frauen da draußen gibt, die unabhängig vom sexuellen Lustgewinn gern Donald Trump mit einem respektablen Umschnalldildo den Arsch aufreißen würden. Liegt es da allzu fern, ähnliche Gedanken gegenüber einer Person zu hegen, die willens wäre, an Grenzen Schießbefehle auf Flüchtlinge zu erteilen?

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Gerne würde ich nun Dr. Sommer anschreiben und sie oder ihn fragen, ob ich mich wegen meiner Gefühle schämen sollte, anderseits … was soll's. Frauke, ich war ein böser Junge. Bitte setz dich auf mein Gesicht!

– Pawel

Der Pfeil von Armors leberkrankem, fettleibigem Cousin hatte mich direkt ins Herz getroffen.

Jamie Oliver

Im Jahr 2003 belegten nicht nur Alexander Klaws, die Preluders, Overground und Martin Kesici den ersten Platz der deutschen Charts; es war auch das Jahr, das meinen Hormonhaushalt nachhaltig prägen sollte. Um mindestens genauso gut auszusehen wie die Top-Stars aus den Charts (auch Daniel Küblböck hatte in diesem Jahr einen Nummer-1-Hit), versuchte ich meinen Körper mit einer ausgewogenen Reis-Hähnchen-Diät in Form zu bringen. Zumindest bis ich an einem Samstag zum ersten Mal The Naked Chef mit Jamie Oliver sah: Ein junger Brite manschte mit seinen wurstigen Fingern in Lebensmitteln rum und steckte sich Rosinen, Fleischhappen oder andere gutschmeckende Dinge in den Mund. Außerdem gab es fast durchgängig Suff. Der Pfeil von Armors leberkrankem, fettleibigem Cousin hatte mich direkt ins Herz getroffen.

Von da an verpasste ich keine Sendung mit Jamie, kaufte seine Kochbücher und war fest davon überzeugt, dass er mit mir durchbrennt, wenn wir uns zufällig begegnen würden. Diese heiße, wenn auch einseitige Liebschaft, nahm allerdings ein jähes Ende, als ich an Weihnachten desselben Jahres mein erstes Drei-Gänge-Menü aus Genial Kochen mit Jamie Oliver zubereitete. Denn so erotisch seine Hände in der TV-Produktion auch durch die Zutaten glitten, so ernüchternd war das Resultat. Weder das Brathähnchen in süß-saurer Soße, noch der marinierte Mozzarella in Creme Fraiche oder die sogenannte Königin aller Süßspeisen schmeckten so gut, wie sie aussahen. Mein Herz war gebrochen.

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Aber manchmal, wenn ich jetzt nach einem langen Arbeitstag durch den Edeka streife, erinnere ich mich an die gute, alte Zeit zurück und zwinkere den Jamie-Gewürzmischungen, Flaschenöffnern, Instant-Soßen und Bratpfannen zu. Vielleicht gibt es nach fast 15 Jahren ja doch noch eine zweite Chance für uns.

– Marina

Paul Ryan (mit Bart!)

In Anbetracht der allgemeinen apokalyptischen Weltlage habe ich irgendwann beschlossen, mich in eine Welt zu flüchten, in der man eine Hiobsbotschaft nach der anderen hysterisch weglacht. In anderen Worten: Ich gucke regelmäßig die YouTube-Videos amerikanischer Late-Night-Shows, die sich intensiv mit US-Politik auseinandersetzen – auch wenn es mich in den meisten Fällen als Deutsche nicht so richtig betrifft. Im Rahmen dessen stieß ich auf eine politische Person, die mich faszinierte, weil sie eine Figur aus der Serie House of Cards sein könnte: jung, dynamisch, charismatisch, sehr schön und abgrundtief böse. Paul Ryan, der republikanische Sprecher des amerikanischen Repräsentantenhauses, ist ausgesprochener Abtreibungsgegner, hasst arme Menschen und hält Vergewaltigungen für "eine andere Art der Empfängnis". Volle Punktzahl also beim "konservativer Republikaner"-Bullshit-Bingo.

Ich war abgestoßen, zugleich aber auch grausig fasziniert und habe einen wirklich dramatischen Fehler gemacht: ihn zu googlen, als ich krank im Bett lag und absolut nichts Besseres zu tun hatte. Innerhalb kürzester Zeit stellte sich nicht nur heraus, dass es ein viral gegangenes Oben-Ohne-Foto von Ryan gibt, sondern auch, dass er mal einen abenteuerlich aussehenden Bart hatte. In dem Moment wusste ich, dass ich verloren war. Da mein normales Vorgehen bei ungewollten Schwärmereien (mit der Person schlafen und anschließend komplett das Interesse an ihr verlieren) in diesem Fall unmöglich scheint, versuche ich seitdem, mich durch Lesen seiner schrecklichen Tweets und das Verfolgen seiner schrecklichen politischen Entscheidungen zu „heilen". Immerhin habe ich ihm noch keinen Tumblr-Blog gewidmet.

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– Lana

Folgt Broadly bei Facebook, Twitter und Instagram.

Shia LeBeouf

Ich war nie ein großer Fan von Shia LaBeouf. Um ehrlich zu sein, wusste ich sehr lange nie so genau, wer er eigentlich ist – bis auf die Tatsache, dass er mal mit Megan Fox in einem Film über Weltraumautos mitgespielt hatte. Doch dann kam American Honey und mit ihm LeBeoufs "Jack", der zu "We Found Love" von Rihanna durch den Supermarkt tanzt. Es gab allerdings etwas, dass mich noch mehr verwirrte als meine ungeahnte Begeisterung für Bauchtaschen und Rattails. Das Verhalten von Shias Charakter schwankte für drei Stunden zwischen teeniehaften Liebesbekundungen, infantilem Desinteresse und häuslicher Gewalt. Trotzdem war alles, was ich denken konnte, während ich mit Herzklopfen auf die Kinoleinwand starrte: "Er braucht nur jemanden, der ihn wirklich liebt."

Obwohl ich die Anziehungskraft von Bad Boys normalerweise vehement ablehne, gab es irgendein rudimentäres Organ zwischen Kopf und Vagina, das den Wunsch in mir weckte, ein neues Leben zu beginnen. Ich wollte gemeinsam mit Jack von Haus zu Haus ziehen, um Zeitschriften zu verkaufen und ihm Perlen in die Zündschnur zu flechten. Auf den Kinobesuch folgte natürlich eine ausgiebige Stalking-Session. Sie endete damit, dass ich beschloss, Transformers doch noch eine Chance zu geben. Das hat mich letztendlich aber auch ziemlich schnell wieder von meiner verwirrenden Obsession befreit.

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– Babette

Foto: imago | Rene Traut

Sahra Wagenknecht

Ich kann nichts dafür, aber irgendetwas an Sahra Wagenknecht fasziniert mich. Ich glaube, es hat etwas damit zu tun, dass sie so unglaublich steif ist. Ihren perfekt geschnittenen Anzüge, ihr langer, makelloser Hals, ihre scharfe Nase und das harte, von einem strengen Dutt nach hinten gezogene Gesicht: Alles erinnert irgendwie an einen schönen Raubvogel. Oder eine italienische Domina aus dem 19. Jahrhundert, die dir sofort eine schmerzhafte Ohrfeige gibt, wenn du ihr in die Augen schaust. Und natürlich auch, wenn du ein Marx-Zitat nicht richtig wiedergegeben hast.

Im Grunde will ich auch gar nicht wirklich mit Sahra Wagenknecht schlafen. Eigentlich besteht die Fantasie nur daraus, dass sie in einem sehr hochgeschlossenen Gouvernantenkleid (aus dem immer noch ihr sehr langer, schöner Hals herausragt) vor meinem Pult auf- und abläuft und mir in strengem, etwas gelangweiltem Ton versucht, die Grundlagen des dialektischen Materialismus einzubläuen. Ich himmle sie dabei die ganze Zeit an, aber jedes Mal, wenn sie es bemerkt, reagiert sie völlig irritiert. Sie selbst verschwendet nie einen Gedanken an das Körperliche. Trotzdem freue ich mich jedes Mal, wenn sie mich mit dem Rohrstock schlägt. Noch mehr natürlich, wenn sie es mit ihrer edlen Hand macht! Dann reibe ich mir glücklich das schmerzende Gesicht und versuche dabei, mir ihre Figur unter dem Kleid vorzustellen. Der Unterricht endet nie, ich werde ihre Figur nie sehen und alles ist perfekt.

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– Marius

Mehr lesen: Ist es schlimm, wenn ich mit einem fiktiven Psychopathen schlafen will?

John Hendy von East17

Mir war schon immer klar, dass Boygroup-Crushes nichts Außergewöhnliches sind, sondern sich meist homogen zur neu aus dem Boden gestampften Boygroup entwickeln. Nach dem Motto: "Du bist berühmt und könntest der Bad Boy sein, der mich in einem aufregenden Cabriolet ans Ende der Welt entführt? OK, cool. Hier, nimm mein pubertäres Teenager-Herz!" Diese reflektierte Einsicht hielt mich mit zwölf Jahren aber nicht davon ab, krankhaft in John Hendy von East17 verliebt zu sein.

John war der Boyband-Typ, der nichts zu sagen und nichts zu melden hatte. Es fragte ihn auch niemand. Mittelmäßige Stimme, wenige Gesang- oder Rap-Parts. Sein ausdrucksloses Gesicht, die supercoolen Creolenohrringe, sowie seine für damalige Verhältnisse feschen Tribal-Tattoos haben mich aber trotzdem verzaubert. Mit seiner stets glattrasierten Kopfhaut sah er aus wie ein erfrischender Deoroller. Und dann hatte er auch noch einen bezaubernden Staffordshire an seiner Seite. Ein Wahnsinns-Typ!

Ich blieb standhaft und ignorierte sie, bis sie irgendwann sagte 'Schau mal hier unten!' und mich mit ihrem aufgeklappten Messer bedrohte.

Ich wollte im Tourbus mitfahren und ihm auf unseren Ausflügen seine geschmacklosen Halsketten aus Treibholz aussuchen, die er immerzu trug. Ich ließ nichts auf ihn kommen und East17-Poster hingen sowieso nur wegen ihm an meiner Wand. Bis ich irgendwann ein Poster entdeckte, auf dem eine brünette Frau John Hendys nackten Oberkörper umschlung. Es brach mir das Herz, da der Aufmacher für dieses Poster ihre anstehende Hochzeit war. Ich hängte es mir trotzdem auf, aber nur um diese Alte mit Edding, Kaugummi und Knetresten zu verunstalten.

Kurze Zeit darauf sollte in meiner Stadt eine East17-Autogrammstunde stattfinden. Ich wollte unserer Beziehung noch eine Chance geben. Deswegen tauchte ich Stunden vorher in der Location auf und stellte mich in die erste Reihe – ausgerüstet mit meiner selbstgebastelten Muschelkette (ich war der Ansicht, John könne eine Typveränderung gebrauchen) sowie einer großen Autogrammkarte, die ich unterzeichnen lassen wollte. Es wurde immer voller und unübersichtlicher, doch die Jungs waren nach wie vor nicht zu sehen. Plötzlich sprach mich ein Mädchen, ungefähr 15, von der Seite an. Ich solle mich gefälligst verpissen, sonst würde sie mir Beine machen. Warum auch immer. Ich blieb standhaft und ignorierte sie, bis sie irgendwann sagte „Schau mal hier unten!" und mich mit ihrem aufgeklappten Messer bedrohte. In diesem Moment erkannte ich, dass es jemanden gab, der John vermutlich noch mehr "liebte" als ich. Mir wurde klar, dass dies nicht die Art von Zuneigung sein sollte, die ich bereit war auszuhalten. Ich räumte das Feld ohne ein Autogramm. Die Muschelkette landete im nächsten Mülleimer.

– Ilona


Titelfoto: Frauke Petry (imago | Metodi Popow), Jamie Oliver (imago | Hoffmann), Shia LeBeouf (Georges Biard | Wikimedia Commons | free cultural work), Hintergrund (Pexels | CC0)