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Der "Vaterkomplex" ist real und beeinflusst unser Sexleben

Als gäbe es nicht schon genug Wege, sich von seiner Vergangenheit terrorisieren zu lassen.
Foto: Pixabay | Pexels | CC0

Sigmund Freud hat vor knapp hundert Jahren den "Vaterkomplex" eingeführt. Von dem Augenblick an schien unsere Gesellschaft vollkommen besessen zu sein von dem vermeintlichen Einfluss, den das Verhalten unseres männlichen Erzeugers auf unser Leben hat. Vor allem in der Popkultur begegnet man immer wieder dem Klischee, dass das Verhältnis einer Frau zu ihrem Vater auch ihre romantischen und sexuelles Beziehungen beeinflusst.

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Aber könnte an dem Klischee auch etwas Wahres dran sein? Forscher der University of Utah haben nun versucht, diesen "Zusammenhang […] zwischen der Qualität der väterlichen Erziehung und der sexuellen Risikobereitschaft heranwachsender Frauen" zu untersuchen. Die Ergebnisse ihrer Studie erschienen in der Fachzeitschrift Developmental Psychology und konnten zeigen, dass die Beziehung zwischen Vater und Tochter tatsächlich einen Einfluss darauf hat, ob sich junge Frauen an "riskanten sexuellen Verhaltensweisen" beteiligen.

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Hierzu zählen Forscher ungeschützten Sex, Sex unter Drogen- und Alkoholeinfluss, Sex mit Menschen unter Drogeneinfluss, Sex mit missbräuchlichen Partnern, "zeitgleiche sexuelle Beziehungen mit unterschiedlichen Partnern" und sexuelle Handlungen gegen Geld und andere "Kompensationen".

Im Rahmen ihrer Studie untersuchten die Forscher insgesamt 101 Schwesternpaare zwischen 18 und 36 Jahren, die denselben biologischen Vater hatten. Auf diese Weise konnten die Forscher vergleichen, ob es möglicherweise auch Unterschiede im Sexualverhalten der Schwestern gab. Die Teilnehmerinnen wurden hierzu bewusst aus Familien ausgewählt, in denen die Eltern über die Jugend der beiden Schwestern hinweg zusammen waren beziehungsweise sich die Eltern scheiden ließen, bevor die jüngste Schwester 14 Jahre alt war. Die Familien, in denen sich die Eltern scheiden ließen, gaben den Forschern die Gelegenheit, zwei Schwestern zu untersuchen, von denen eine Schwester – die Ältere – über einen längeren Zeitraum unter dem Einfluss des Vaters gestanden hatte. Die Familien, in denen die Eltern zusammen blieben, dienten hingegen nur als Kontrollgruppe.

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Laut der führenden Autorin Dr. Danielle J. DelPriore unterscheidet sich die aktuelle Studie vor allem durch die Teilnehmerinnen von anderen, vorhandenen Untersuchungen. "Durch den Vergleich von biologischen Schwestern, die unter denselben familiären Bedingungen groß geworden sind, konnten wir den Einfluss von Genetik und Umweltfaktoren ausschließen", erklärt sie gegenüber Broadly.


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Stattdessen konzentrierten sich die Forscher vor allem auf die Qualität der Vater-Tochter-Beziehung, die elterliche Überwachung (das Wissen der Eltern, die Aufsicht, die Kommunikation und die Verhaltenskontrolle) und die Zeit, die die Frauen im Verlauf der Pubertät mit ihrem Vater verbracht haben. Die Qualität der Vater-Tochter-Beziehung wurde mithilfe von zwei Skalen ermittelt: das strenge/nötigende Verhalten des Vaters und väterliche Wärme/Unterstützung. Die Probandinnen sollten angeben, inwieweit diese Merkmale auf ihren Vater zutrafen und anschließend anhand einer Vier-Punkte-Skala bewerten.

Auf diesem Weg konnten die Forscher zeigen, dass Väter in Scheidungsfamilien einen größeren Einfluss auf das Sexualverhalten der ältesten Tochter hatten. Wenn die Qualität der väterlichen Erziehung hoch war, war es auch wahrscheinlicher, dass sich die älteste Tochter seltener an riskanten sexuellen Verhaltensweisen beteiligte als ihre jüngere Schwester. Außerdem war auch die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie Beziehungen zu Gleichaltrigen führte, die sich an riskanten sexuellen Verhaltensweisen beteiligten. Doch auch das Gegenteil hat sich bewahrheitet: Wenn die Qualität der väterlichen Erziehung in einer Scheidungsfamilie eher geringer war, dann neigte die ältere Tochter im Vergleich zu ihrer jüngeren Schwester auch häufiger zu einem riskanten Sexualverhalten.

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Warum die Forscher nicht auch das Verhältnis zwischen Vater und Sohn untersucht haben? "Wir haben aufgrund vergangener Studien und Thesen beschlossen, uns auf das Verhältnis zwischen Vater und Tochter zu konzentrieren", sagt Dr. DelPriore. "Der Zusammenhang zwischen der Abwesenheit des Vaters/der geringeren Qualität der väterlichen Beziehung und dem Sexualverhalten in der Jugend bei Töchtern ist bewiesenermaßen stärker als bei Söhnen."

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Die Studie bietet auch einen Ausblick auf die praktische Bedeutung der Forschungsergebnisse: "Die derzeitige Arbeit legt nahe, dass eine starke elterliche Überwachung und das risikoärmere Sexualverhalten von Gleichaltrigen Faktoren sind, die Jugendliche vor riskanten sexuellen Verhaltensweisen schützen." Die Forscher gehen daher auch davon aus, dass die Aufsicht durch die Eltern und die Empfänglichkeit der Jugendlichen gegenüber dem abweichenden Einfluss ihrer Freunde "zwei beeinflussbare Faktoren sind, die [in Zukunft] zur Prävention und Intervention genutzt werden können".

Momentan ist allerdings die größte Erkenntnis, die wir laut Dr. DelPriore aus der Studie ziehen können, dass vor allem entscheidend ist, über welchen Zeitraum hinweg die Tochter mit ihrem Vater zusammen und seinem Einfluss ausgesetzt war – "im Positiven wie im Negativen."

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