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Dr. Sandra Lee ist die Königin der Pickel-Ausdrück-Fetischisten

Als Dr. Pimple Popper entfernt sie vor einem Millionenpublikum im Internet selbst die riesigsten Verpfropfungen aus der menschlichen Haut. Wir haben sie gefragt, warum die Leute sie so lieben.
Photos courtesy of Dr. Sandra Lee

Seit Kurzem hat die amerikanische Dermatologin Dr. Sandra Lee Patienten, die sogar aus Kanada, Großbritannien oder Saudi-Arabien ins kalifornische Upland kommen, um sich von ihr behandeln zu lassen.

Warum fliegt jemand um die halbe Welt, nur um zu einer Dermatologin zu gehen?

Der Grund ist recht einfach: Im Netz ist Lee als Dr. Pimple Popper bekannt. Sie ist die Königin der Pickelliebhaber-Online-Community, in der sich alles um Videos dreht, in denen Pickel, Mitesser und Zysten entfernt werden. Mit mehr als 700.000 Instagram-Followern und YouTube-Abonnenten hat Lee haufenweise Fans, die sie liebevoll "Popaholics" nennt. Lee ist zwar nicht für die grundsätzliche Pickelbegeisterung verantwortlich, aber sie wurde im Rahmen dieses Phänomens zu einer echten Berühmtheit. Regelmäßig teilt sie über die einschlägigen Plattformen Videos, in denen sie ziemlich spektakuläre Eiterverpfropfungen aus den Körpern ihrer Patienten entfernt – selbstverständlich mit deren Zustimmung.

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"Das Leben als Dermatologin ist wirklich interessant und ich glaube, das ist vielen Leuten gar nicht bewusst", sagt sie. "Irgendwann habe ich einem Patienten einen Mitesser entfernt und habe zu ihm gesagt: 'Ich mache das für umsonst, wenn sie mich das filmen lassen.' Als ich das Video gepostet habe, hatte ich auf einen Schlag unzählige Views und Likes."

Um sicherzugehen, dass es sich dabei nicht einfach nur um einen glücklichen Zufall gehandelt hat, postete Lee ein anderes, ähnliches Video – und bekam dafür sogar noch mehr Aufrufe und Kommentare. Sie beschloss, ihren Instagram-Account @DrPimplePopper für Clips zu nutzen, in denen sie Pickel ausdrückt und fing an, längere Videos auf ihrem YouTube-Kanal hochzuladen.

Irgendwann sagte ihr jemand in einem Kommentar, dass sie sich die sogenannten Popping Threads auf Reddit ansehen sollte.

"Ich ging auf die Seite und stellte fest, dass es nicht nur eine ganze Community für Leute gab, die sich gerne Pickelvideos ansahen, es war auch ein Riesending", sagt sie. "Ich fing an, dort einige meiner Videos zu posten, und als die Leute gemerkt haben, dass ich jemand war, der sein eigenes Material hat und ihnen geben konnte, was sie wollten, haben sie mich unter ihre Fittiche genommen und mir gesagt, wonach die Leute in Pickelvideos Ausschau halten."

"Das große Ziel ist es, nicht nur Pickel auszudrücken, sondern den Leuten einen Einblick in meine Arbeit als Dermatologin zu geben."

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Obwohl es viele Beiträge in der Online-Community gibt, sagt Lee, hat sie sich vom Rest abgehoben – zum einen wegen ihrem medizinischen Hintergrund, aber auch durch die Qualität ihrer Videos.

"Meine Videos waren ganz anders als die anderen Videos, die man dort zu sehen bekommen hat. Es hat niemand im Hintergrund geschrien und es gab keine dreckigen Fingernägel, kläffende Hunde oder verwackelte Bilder", erklärt sie. "Meine Videos wurden ruhig, kontrolliert und in einem sterilen Umfeld gedreht – und ich bringe zu Ende, was ich anfange. Man sieht nichts, bei dem man sich denkt: 'Oh mein Gott, das wird sich entzünden' oder 'Oh Mann, das muss doch wehtun.'"

Außerdem, sagt Lee, ist es ihr wichtig, immer noch einen draufzusetzen und zu "schauen, was passiert".


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"Das große Ziel ist es, nicht nur Pickel auszudrücken, sondern den Leuten einen Einblick in meine Arbeit als Dermatologin zu geben und ihnen so hoffentlich auch etwas beizubringen", sagt sie. "Ich habe auch noch einen anderen YouTube-Kanal namens 'Dr. Pimple Popper University', auf den du gehen kannst, wenn du Rat wegen deiner Haut brauchst."

Dieser neue Kanal soll für Videos genutzt werden, die Fragen über Hautpflege beantworten. Lee hofft, dass sie Leuten – vor allem denen, die sich keine Dermatologin leisten können – zeigen kann, wie sie selbst zuhause Hautunreinheiten behandeln und sich beispielsweise auf Leberflecke untersuchen können.

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"Einige Leute waren überrascht zu sehen, dass man Zysten sicher entfernen kann oder das solche Operationen mit einer lokalen Anästhesie statt unter Vollnarkose behandelt werden können", sagt sie. "Diese Dinge sind weder wahnsinnig schmerzhaft, noch außergewöhnlich unangenehm – und jetzt, wo ich die Aufmerksamkeit der Leute habe, habe ich die Möglichkeit, ihnen etwas beizubringen."

"Ich denke, dass es sich für viele Leute befreiend oder befriedigend anfühlt, mit anzusehen, wie so etwas entfernt wird."

Ein anderes Ziel von Lee ist es, einen sicheren Ort für Popaholics—also Leuten, die sich einfach wirklich gern Videos von Extraktionen ansehen—zu schaffen. „Ich möchte nicht, dass sie das Gefühl haben, dass es Pornos sind, die du dir heimlich in deinem Zimmer anschauen musst", sagt sie.

Aber neben dem Filmen und Posten von Videos, hat Lee noch andere Wege gefunden, um mit ihren Fans zu kommunizieren. Seit Kurzem veranstaltet sie eine Schnitzeljagt, bei der sie überall auf der ganzen Welt Komedonenquetscher—ein spezielles Gerät, mit dem man Mitesser entfernen kann—versteckt und dann die GPS-Koordinaten über soziale Medien teilt. Diese Verstecke befinden sich nicht nur in den USA, sondern auch in europäischen Ländern wie Italien oder Frankreich. Dr. Pimple Popper ist ein internationales Phänomen.

"Jeder einzelne, den ich jemals versteckt habe, wurde innerhalb einer halben Stunde gefunden", sagt sie. "Ich lege sie praktisch nur irgendwo hin, laufe weg und verstecke mich, bevor ich die Koordinaten teile. Es macht mir Angst, wie schnell die Leute dorthin kommen!"

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Lee sagt, dass sie mittlerweile einen Hut trägt, wenn sie einkaufen geht, weil sie so viele Leute wiedererkennen.

"Ich sage immer zum Spaß, dass es die schlimmste Form von Berühmtheit ist: Du bist unglaublich bekannt, aber es macht dich nicht reich", sagt sie. "Ich denke, andersherum ist es besser: reich zu sein, ohne berühmt zu sein – oder?"

Auf die Frage, warum die Leute solche hardcore Popaholics sind, hat Lee verschiedene Theorien.

"Ich denke, dass es sich für viele Leute befreiend oder befriedigend anfühlt, mit anzusehen, wie so etwas entfernt wird und ich denke auch, dass Leute erstaunt sind, wie normal so was ist", sagt sie. "Vielleicht ist auch alles darauf zurückzuführen, dass der Mensch vom Primaten abstammt; einige von uns lausen eben lieber als andere."

Lee sagt, dass ihre Videos auch Leuten helfen, die an Dermatillomanie leiden, einer Impulskontrollstörung, die auch als "Skin Picking Disorder" bekannt ist. Viele Patienten haben ihre gesagt, dass das Bedürfnis ihre eigene Haut zu berühren und aufzukratzen nicht mehr so groß ist, wenn sie sich regelmäßig ihre Videos ansehen. Darüber hinaus haben ihre Patienten und Fans auch erzählt, dass die Videos zum Teil das sogenannte Autonomous Sensory Meridian Response (ASMR) bei ihnen auslösen, einem halb emotionalen, halb mentalen Zustand, der mit einem Kribbeln und unterschwelliger Euphorie einhergeht – was viele Leute sehr angenehm finden.

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"Wenn man auf YouTube schaut, gibt es da eine Menge Videos von Leuten, die bei einer Untersuchung sind und besonders ruhig sprechen, und ich schätze, dass Leute dieses Kribbeln von meiner Stimme bekommen, weil ich auch ziemlich ruhig und leise spreche", sagt sie. "Wenn ich eine Operation durchführe, ist das ein doppelter Glücksfall, weil ich Pickel ausdrücke, während ich so spreche. Aber das ist keine Absicht—ich spreche einfach nur so."

Ob die Faszination mit Pickelvideos nun ein Fetisch ist oder nicht, kann sie nicht ganz sicher sagen.

"Ich halte das nicht für einen sexuellen Fetisch, eher für etwas zwanghaftes. Aber ich denke nicht, dass die Leute dabei kommen", sagt sie, bevor sie eine kurze Pause macht. "Die Möglichkeit besteht aber natürlich."

Generell denkt Dr. Pimple Popper aber nicht, dass die Begeisterung für diese Art von Videos irgendetwas Ungesundes hat.

"Es gibt jede Menge Idioten da draußen, die wirklich fiese Kommentare hinterlassen, aber wir kriegen nicht allzu viele davon ab", sagt sie. "Die Community ist wirklich nett und die Leute verstehen sich untereinander und sind einfach froh, dass es noch noch andere Leute gibt, die so etwas mögen. Alle wirken einfach irgendwie glücklich, da zu sein."

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